Donnerstag, 29. Januar 2009

Lublin!

Hmm, schon wieder Donnerstag! ich wollte doch schon Montag von meinem Wochenende berichtrn :D
Also.
Mein Wochenende.
Ich war in Lublin!


(alle Fotos am Ende des Posts, nicht vergessen anzugucken : ) )

Lublin ist etwa 150 km in südöstlicher Richtung von Warschau entfernt und außerdem, wie Wikipedia mir verraten hat, die größte Stadt östlich der Weichsel. Ansonsten ist es „nur“ die neuntgrößte Stadt in Polen.
Vor dem Krieg haben in Lublin seeehr viele Juden gelebt, etwa ein Drittel der Bevölkerung der Stadt war jüdisch. Heute gibt es eigentlich so gut wie kein jüdisches Leben mehr dort, es gibt noch ein jüdisches Restaurant, aber Lucyna hat mir gesagt, dass das nicht von Juden betrieben wird.
Lucyna ist die ASF-Freiwillige in Lublin.
Außerdem ist da noch eine ICE-Freiwillige (Initiative Christen für Europa), die ich kenne, Ilka.
Und Konstantin, einer der Warschau-ICE-Freiwilligen hatte praktischerweise den Plan, an diesem Wochenende ebenfalls nach Lublin zu fahren und Ilka zu besuchen.
Also konnten wir zusammen fahren!
Und zwar nicht etwa mit dem Zug, ich hab ein riesen Abenteuer gewagt und bin Bus gefahren!
Meine erste Polen-Überlandfahrt in einem öffentlichen Verkehrsmittel, das nicht auf Schienen fährt! Und man muss sagen, dass es gut war, dass es schon so dunkel war – dieser Busfahrer (und ich fürchte, das ist hier in Polen nicht die Ausnahme...) hatte einen sehr interessanten Fahrstil und wohl auch ein Problem mit den Augen; ich bin mir ziemlich sicher, dass er all die runden Schilder am Straßenrand, auf denen Zahlen wie „60“ oder „40“ oder auch mal „30“ standen, einfach übersehen hat!
Aber diese Busse sind besonders am Wochenende sehr gefragt, weil sie schneller und billiger (und aufregender) sind als der Zug; eigentlich ist es also klug, vorher Plätze zu reservieren!
Hatten Konstantin und ich natürlich nicht getan, aber mit dem mir eigenen Glück haben wir gerade noch so die letzten 2 Plätze bekommen – das Pärchen, das nach uns eingestiegen ist, durfte locker mal 2 ½ Stunden stehen! (was sie nicht davon abgehalten hat, sehr störend zu sein; er konnte immer die Finger nicht von ihr lassen und leider hatten sie sich direkt neben unseren Sitzen plaziert!)

Lublin hat mir total gut gefallen, die Altstadt ist echt schön!
Viel ist teilweise ziemlich renovierungsbedürftig, aber solange man sich nicht vorstellt, dass ihn dieses Häusern, die Lucyna zufolge teilweise nicht mal fließendes Wasser haben, tatsächlich Menschen leben müssen, haben diese alten, etwas bröckeligen Häuser sehr viel Charme.
Das Wetter hätte besser sein können (wenn es auch nicht ganz so schlimm war, wie es auf den Fotos aussieht...), in der Sommersonne sieht das ganze bestimmt gleich noch viel hübscher und gemütlicher aus.
A propos gemütlich.
Cafés! Jede Menge toller Cafés, wir waren zum Beispiel in einer „Naleśnikarnia“ (Naleśniki sind Eierkuchen!) wo es Uuuunmengen verschiedener toller Eierkuchen gab, von herzhaft zu süß, mit Tomaten, mit Käse, mit Wurst, mit Apfel-Mohn-Mus, mit Bananen, alles, was man sich eigentlich so denken kann – herrlich! Sowas mus sich hier in Warschau auch suchen...



Man merkt Lublin an, dass es eine Studentenstadt ist. Zu den offiziellen Einwohnern kommen nochmal so um die 100.000 Studenten dazu!
Und die Atmosphäre ist dementsprechend, es gibt viele nette Kneipen und alles ist deutlich entspannter als beispielsweise in Warschau, wo man zu sehr mit Rumhetzen, Karrieremachen und Geldverdienen beschäftigt ist, um einfach mal gemütlich irgendwo zu sitzen und sein Leben zu genießen. Schade eigentlich.
Lucyna, Tobi (der andere ASF-Freiwillige in Lublin), Ilka und Wlodek (ein Freiwilliger aus der Ukraine, den ich beim EVS-Seminar kennengelernt hab) wohnen alle in einem groooßen Komplex, der sich „Akademik“ nennt. Das ist ein Studentenwohnheim, jede Menge großer Häuser voller Studenten!
Sie wohnen also alle ganz nah beieinander, wenn auch nicht zusammen.
Lucyna wohnt mit noch 4 (oder 3? habs vergessen...) Polinnen zusammen, die allerdings gerade alle sehr mit Lernen für ihre Prüfungen beschäftigt waren – wie alle Studenten in Polen! Mit niemandem kann man sich treffen, alle schreiben Prüfungen! Aber diese Woche ist es dann glaube ich so langsam vorbei...

Lucyna jedenfalls ist eine super Stadtführerin! Sie hat uns jede Menge interessanter Sachen erzählt und wusste außerdem bestens Bescheid, wo die netten Cafés zu finden sind :D
Samstag abend wollten wir dann ins Kino gehen, wir hatten gesehen, dass es in so einem kleinen Kino „Der Blaue Engel“ mit Marlene Dietrich geben sollte! Juhu, ein deutscher Film, wir würden sogar was verstehen!
Also hat Lucyna sogar rausgefunden, wie wir da hinkommen und wir haben uns auf den Weg gemacht. Wir haben das Kino sogar recht problemlos gefunden, um dann jedoch festzustellen, dass der Film nicht läuft... die sehr nette Frau, die dort arbeitet, hat uns erklärt, dass man sich vorher anmelden muss; wenn das nicht genug Leute tun, spielen sie den Film nicht!
Damit wir aber nicht ganz so traurig sind, hat sie uns noch ein Filmplakat geschenkt, dass jetzt fröhlich bei mir im Zimmer hängt!



Naja, wir haben dann Alternativprogramm gemacht: Erst Kneipe und Wlodek und dann bei Ilka im Zimmer „Der Fischer und seine Frau“ gucken, ein deutscher Film, in dem ziemlich viele Kois vorkommen... und eine furchtbare Frau! Aber ein ganz lustiger Film!

Sonntag ist Lucyna dann mit mir nach Majdanek gefahren. Sie arbeitet da, jedenfalls teilweise (sie hat auch ein zweigeteiltes Projekt!) und deswegen konnte sie auch hier jede Menge erzählen. Das war auch gut so, denn richtig viel erklärt ist in der Gedenkstätte nicht.
Und Januar ist auch nicht die beste Zeit, um nach Majdanek zu fahren, weil die ganzen Ausstellungen (2 oder 3 Stück) im Winter geschlossen sind und erst im April wieder besucht werden können.
Trotzdem konnte man jede Menge sehen und ich fand den Ort sehr bedrückend – das alte Krematorium steht noch, ein Teil der Baracken steht noch, eine davon bis an den Rand gefüllt mit alten Schuhen... Das ganze Gelände ist ziemlich groß und das graue, neblige Wetter und die umherfliegenden Krähen haben ihren Teil dazu beigetragen, eine echt bedrückende Atmosphäre zu schaffen.
Direkt an das ehemalige KZ-Gelände grenzen heute Schrebergärten.
Ich weiß ja nicht, ob ich in meinem garten sitzen und zB grillen wollen würde, und dabei den Ausblick auf das ehemalige KZ habe.
Andererseits – was bleibt den Leuten groß anderes übrig? Sie leben nun mal dort und müssen sich irgendwie damit arrangieren, die Gegend ist bei gutem Wetter eigentlich recht hübsch und wird dann auch für den Sonntagsspaziergang genutzt – es ist halt in der Nähe, wohin soll man denn sonst fahren?
Und die meisten Menschen, die heute in Lublin leben, haben glaube ich einfach gar keinen Bezug zu dem ehemaligen KZ Majdanek oder sehen zumindest für sich selbst keinen Bezug dazu.
Ich weiß nicht, ich selber könnte und wollte das wohl nicht, aber so richtig übelnehmen kann man es den Menschen in Lublin ja auch nicht. Schließlich kann man nicht von ihnen verlangen, jeden Tag ihres Lebens mit Gedanken an die Verbrechen, die dort geschehen sind, zu verbringen.
Was ich allerdings schon echt krass fand, waren die Spaziergänger, die am Sonntag da waren.
Eine Familie mit kleinen Kindern und Kinderwagen.
Eigentlich dürfen Kinder unter 14 wohl gar nicht auf das Gelände, diese Familie hat die Kleinen aber sogar mit ins Krematorium genommen und anschließend ein fröhliches Familienfoto vor dem einen Mahnmal, dem Mausoleum mit der Asche der Ermordeten, gemacht. Das macht sich sicher nett auf dem Kaminsims; „Oh, guck mal, und da sind wir alle zusammen in Majdanek! Nett, oder?“
Hm.

Später waren Lucyna und ich dann noch mal in der Altstadt und dann hat sie mich mitgenommen zu ihrem Chor! Lucyna geht nämlich immer sonntags zum Chor, und das war total lustig! Da treffen sich ein paar witzige Leute und singen alle möglichen Lieder, ukrainisch, polnisch, russisch, deutsch, spanisch… Sehr cool!

Abends haben Konstantin und ich dann den Bus zurück nach Warschau genommen – wieder ein großes Abenteuer, der erste, den wir nehmen wollten, hatte keine freien Plätze mehr und im nächsten haben wir wieder mal die letzten beiden Plätze bekommen!
Aber wir habens geschafft und sind – trotz polnischer Busfahrerfahrmanier – heil und gesund wieder hier angekommen!

Außerdem hab ich letzte Woche fleißig meinen Projektbericht geschrieben, er ist lang und natürlich total witzig, spannend, interessant und einfach klasse, wer ihn haben will, solle sich melden!


Ach, und gestern hab ich eine sehr interessante Entdeckung gemacht – bei „Greenway“, so einer vegetarischen Fastfoodkette, gibt’s Hühnerbeichen!


Lublin Fotos!!
Schlechtes Wetter im schönen Lublin

6 Kommentare:

  1. Hey ;) du erlebst ja super viel im Moment! und ich muss sagen, dass mein Herz dahingeschmolzen is, als ich das Bild von dem Eierkuchen erblickt habe :) meeehr von solche Bildern. Essen sagt ja schließlich auch etwas aus :D

    fühl dich gedrückt!! Vermiss uns nicht zu sehr! den Teil mit dem Vermissen übernehmen wir!

    Basti, alias Dunkelman

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  2. Das Plakat solltest du gut behandeln, dennn die poln.Filmplakate sind sehr teuer ;)

    http://www.cinemaposter.com/indexDe.html

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  3. Endlich weiss ich, wie man Kommentare schreibt! Die Fotos sind ein wenig melacholisch und schön, ich will auch mal nach Lublin, vielleicht im Sommer!
    Sabine (Mama)

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  4. Häuser ohne fliessendes Wasser? Hmmm...

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  5. Ach Mist! Grade hatte ich einen langen Kommentar geschrieben, und dann erst das drop-down Menü "Kommentar schreiben als" in Augenschein genommen, und dann wollte ich da irgeneine Option ausprobieren, und dann war mein ganzer Text weg. Futsch. Verschwunden.
    Also, bin neidisch und will auch mal nach Lublin, und den Rest erzähle ich Dir mal, weil ich keine Lust habe, alles wieder hinzuschreiben.
    Liebe Grüße,
    Sarah

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  6. Oh nein! :D
    Na dann warte ich gespannt auf den Bericht!

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